Am 14. Juli entschied die Mehrheit der Friedberger Stadtverordneten, auf den Erstzugriff auf das Kasernengelände zu verzichten und dem Vorschlag der Verwaltung zu folgen, das Bieterverfahren der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu übertragen. Zuvor war ein Antrag, die Entscheidung bis nach der Sommerpause zu vertagen, mehrheitlich abgelehnt worden. Der Antrag auf den Wechsel des Verfahrens wurde von der Verwaltung kurzfristig vorgelegt und viele Fragen sind auch aus Sicht der Grünen weiterhin nicht geklärt.
Die Kaserne steht seit 2007 leer. Der Erstzugriff wurde im Februar 2016 einstimmig von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Die BImA war nun endlich bereit, der Stadt den Preis zu nennen.
Die Mitglieder der Grünen Fraktion sind sich einig, dass die Stadt Friedberg mit dem Verzicht auf den Erstzugriff viele Gestaltungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die eines sukzessiven Ausbaus mit unterschiedlichen Investoren, aus der Hand gibt. „Wir müssen die Entwicklung eines neuen Stadtteils angesichts der Ressourcenknappheit völlig neu denken“, so Bernd Stiller, Vorsitzender des Ausschusses für Energie, Wirtschaft und Verkehr. „Was eigentlich ist aus der Idee der Green Barracks geworden? Wollte Friedberg hier nicht eine Vorreiterrolle in Sachen grüner Stadtentwicklung gehen?“
Die Chancen des Einflusses der Stadt Friedberg auf die Stadtteilentwicklung sehen die Friedberger Grünen auch mit einem städtebaulichen Vertrag kritisch: „Hier kann nur das umgesetzt werden, was der Investor bereit ist zu tragen. Der Einfluss Friedbergs auf die Entwicklung der Kaserne ist deutlich geringer als beim Erstzugriff – am Ende entscheidet im Zweifelsfall der Investor“, so der Fraktionsvorsitzende Markus Fenske. „Wir haben beim Verkauf des Kaufhauses Joh gesehen, was passieren kann, wenn die Stadt sich nur auf Investoren verlässt. Die knappe Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung wirft uns zeitlich um viele Jahre zurück.“
Die Grünen streben eine kleinteilige Entwicklung des Geländes an, angepasst an den tatsächlichen Wohnraumbedarf mit einem Schwerpunkt auf kostengünstigem Wohnen. „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum nicht nur für Unterstützungsberechtigte, sondern auch für Menschen im unteren und mittleren Einkommenssegment. Wer den Bau dieser Wohnungen privatwirtschaftlichen Investoren überlässt, der riskiert, dass die Mietpreisbindung nach spätestens 10 Jahren ausläuft. Mit dem Erstzugriff hätte die Friedberger Wohnungsbaugesellschaft die Chance gehabt, diesen Wohnraum zu schaffen“, führt der Vorsitzende des Ausländerbeirats und Mitglied der Grünen Fraktion Mehmet Turan aus, der sich schon lange für bezahlbaren Wohnraum im Friedberger Stadtgebiet stark macht.
„Die vergangenen Jahre haben uns gezeigt, dass wir Stadtentwicklung neu denken müssen. Unabhängig vom Verfahren muss Friedberg Rahmenbedingungen festlegen. Erst danach brauchen wir eine Entscheidung, ob unsere Ziele eher mit dem Erstzugriff oder eher mit dem Bieterverfahren der BImA zu verwirklichen sind“, führt der Stadtverordnete Dr. Martin Saltzwedel aus.
So viel Zeit will sich die Stadt aber nicht nehmen. Aus Sicht der Grünen keine gute Entscheidung für Friedberg.
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