“Wesentliche Zukunftsfragen nicht ausreichend beantwortet”

Rede von Markus Fenske zur Verabschiedung des Haushalts 2024 in der Stadtverordnetenversammlung

Sehr geehrter Herr Hollender,

sehr geehrte Damen und Herren des Magistrats,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

heute steht die Verabschiedung des Haushaltes für das kommende Jahr auf der Tagesordnung. Wir haben als Fraktion über den Haushalt beraten und mussten feststellen, dass er die wesentlichen Zukunftsaufgaben nur unzureichend beantwortet.

Das betrifft in erster Linie die Aufgaben, die auf die Kommunen wegen der Klimakatastrophe zukommen:

Die Kommunen sind verpflichtet, eine kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Der Haushalt lässt nicht erkennen, dass die Stadt Friedberg bereit ist, sich dieser Aufgabe im gesetzlichen Rahmen anzunehmen. Die Energiewende im Wärmesektor kann jedoch nur gelingen, wenn diese auch vor Ort angegangen wird. Andere Gemeinden sind schon deutlich weiter, was die Entwicklung von Konzepten angeht.

Zwar wurden in den vergangenen Jahren nicht zuletzt auf das Betreiben der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen neue personelle Stellen wie die der Klimaschutzmanagerin oder die des Mobilitätsmanagers geschaffen und sie sind mittlerweile auch besetzt. Allerdings fehlt es hier aus unserer Sicht an der notwendigen Vernetzung und Durchschlagskraft.

Aus Sicht der Grünen ist es sinnvoll, das Thema Energie noch stärker den Stadtwerken zuzuordnen. Ein gemeinsamer Antrag mit der CDU ist in Vorbereitung.

Bereits seit 10 Jahren fordern die Grünen die energetische Sanierung der Bürgerhäuser. Hier wurden Gutachten in Auftrag gegeben, ohne dass in der Folge dann auch die notwendigen Schritte durch die beiden letzten Bürgermeister eingeleitet wurden. Die Grünen haben in den vergangenen 2 Jahren die Planung und Durchführung der Sanierung der Bürgerhäuser gefordert und entsprechende Mittel für den Haushalt beantragt. Es ist festzustellen, dass diese Mittel bislang nicht zielgerichtet genutzt wurden. Auch ohne die aus dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erfolgten massiven Preiserhöhungen hätten hier in den letzten 10 Jahren erhebliche Mittel eingespart werden können, wenn die Sanierung der Bürgerhäuser planvoll angegangen worden wäre. Es fehlt an einem vernünftigen Konzept, in welcher Reihenfolge die bestehenden Problematiken bearbeitet werden. Stattdessen werden riesige Summen für den Energiebedarf aufgewendet und die Chance zur Verbesserung unserer CO²-Bilanz wird nicht genutzt.

Es ist also zunächst festzustellen: Eine Energiewende findet in Friedberg nicht wirklich statt. Wichtige Großprojekte, wie der Windpark Winterstein, wurden vom scheidenden Bürgermeister nicht mit dem notwendigen Nachdruck vorangebracht. Zu spät und zu halbherzig wurde auf den bereits fahrenden Zug aufgesprungen. Dabei könnte Friedberg als einer der größten Eigentümer auf dem Winterstein treibende Kraft und Motor einer entsprechenden Entwicklung sein. Auch hier hatten die Grünen bereits vor 10 Jahren die entsprechenden Weichen gestellt und auf deren Antrag hin wurde das Arbeitsfeld der Stadtwerke erweitert.

Das Ganze könnte ich nun fortsetzen hinsichtlich der Konzepte für die Kaiserstraße in Sachen Schwammstadt oder auch die Verkehrswende. Es fehlt überall an schlüssigen Konzepten.

Die moderne Innenstadtplanung kommt weitgehend ohne Auto aus. Dies macht jedoch sinnvolle Alternativen erforderlich und benötigt auch Konzepte zur innerstädtischen Beförderung von Menschen, die z.B. schlecht gehen können oder etwas zu transportieren haben. Hier liegt eine enorme Aufgabe vor der Verwaltung, ein modernes, zeitgemäßes Konzept zu entwickeln, das ins 21. Jahrhundert passt. Die beiden Siegerentwürfe für die Umgestaltung der Kaiserstraße zeigen deutlich, dass es sich lohnt, externe Expertisen einzuholen. Hierbei geht es auch darum, die Kaiserstraße qualitativ auf- und nicht durch die Umgestaltung abzuwerten.

Welche Temperaturen werden herrschen, wenn man hier nicht nochmals über den Erhalt einer größeren Anzahl von Bäumen nachdenkt? Wie soll, angesichts der steigenden Temperaturen, die Attraktivität erhöht werden?

Ebenso fehlt es an Maßnahmen zum Hochwasserschutz. Ich könnte diese Reihe noch stundenlang fortsetzen, aber andere Redner wollen auch noch zu Wort kommen.

Gleichwohl sind wir bereit, diesen Haushalt mit zu verabschieden und hoffen, dass die neue Verwaltungsspitze hier tatkräftig in die Umsetzung geht, denn Klimaschutz wird vor Ort gemacht.

Daneben gibt es aus unserer Sicht auch im sozialen Bereich Defizite.

Ein Aspekt ist die immer noch – allerdings nicht nur in Friedberg – herrschende prekäre Situation bei den Betreuungsangeboten. Die fehlenden Betreuungsplätze schmälern die Chancen von Frauen mit Kindern, wieder schnell in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Frauen sollten die Wahl haben, ob sie daheimbleiben wollen oder ihre Kinder fremd betreuen lassen möchten.

Dies ist eine gesetzliche Vorgabe, die es immer noch umzusetzen gilt. Der gesetzliche Anspruch wird in Friedberg nur eingeschränkt verwirklicht. In diesem Bereich ist viel Licht und Schatten. Wegen der finanziellen Belastungen für die Kommune wird die Verwaltungsspitze aufgefordert, sich auch diesbezüglich weiterhin an die neue Landes- und Bundesregierung zu wenden, um mehr Unterstützung im Hinblick auf die finanziellen Lasten zu fordern.

Schließlich fehlt es noch an vernünftigen Konzepten für preisgünstigen und sozialen Wohnungsbau. Hier besteht ein enormer Bedarf. Zwar konnte auf Antrag der Grünen eine Erhöhung des Stammkapitals der Wohnungsbaugesellschaft erwirkt werden – diesbezüglich enthält das Protokoll der ganztägigen Haushaltsberatung wohl eine Unrichtigkeit. Zusätzliche Mittel für städtische oder andere Wohnungsbaugesellschaften wurden jedoch von der Verwaltungsseite nicht berücksichtigt und spielten auch in den Beratungen der Fraktionen nur eine geringe Rolle.

Es birgt eine Menge sozialen Zündstoff, wenn man sich hier darauf verlässt, dass in ferner Zukunft ein Investor dieses Problem für die Stadt lösen wird, denn bis in der Kaserne der entsprechende kostengünstige Wohnraum geschaffen ist, vergehen von vorneherein noch mehr als 5 Jahre. Ich gehe davon aus, dass es schon zweifelhaft ist, dass dieser Wohnraum in der kommenden Amtszeit des neuen Bürgermeisters geschaffen wird.

Vor diesem Hintergrund bedarf es weiterer eigener Anstrengungen. Hierbei muss man sicherlich realistisch bleiben. Die Stadt Friedberg kann diese Probleme nicht allein lösen.

Auch wenn der Haushalt aus unserer Sicht wichtige Probleme unberücksichtigt lässt, wird die Fraktion der Grünen dem Haushaltsentwurf unter Abwägung aller Umstände gleichwohl zustimmen.

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