Über 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland sind Frauen in politischen Gremien nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Während im Deutschen Bundestag lediglich 32 Prozent der Abgeordneten weiblich sind, setzt sich die Friedberger Stadtverordnetenversammlung sogar zu mehr als 70 Prozent aus männlichen Mitgliedern zusammen. Um auf dieses anhaltende Ungleichgewicht aufmerksam zu machen und Lösungsansätze zu diskutieren, luden die Friedberger Grünen unter dem Titel „Mein Raum im politischen Geschehen“ am 22. Mai zu einer Veranstaltung ins Kreativhaus ein.
Mehr als 20 Frauen folgten der Einladung zu dieser im Rahmen des Wetterauer Frauenfrühlings stattfindenden Veranstaltung. Im Mittelpunkt des Abends standen ausgewählte Sequenzen aus einem Dokumentarfilm, der die Erfahrungen von Politikerinnen in der Bonner Republik zum Thema hat. „Die im Film dargestellten Situationen sind leider auch heute noch erschreckend aktuell“, erklärte Anette Kirsch-Altena, Vorstands- und Fraktionsmitglied der Grünen Friedberg. „Frauen müssen sich in politischen Debatten oft immer noch mehr behaupten als ihre männlichen Kollegen und werden häufiger unterbrochen oder nicht ernst genommen.“
Im Anschluss an die Filmvorführung entwickelte sich eine lebhafte, teils kontroverse Diskussion. Zentrale Fragen waren unter anderem, ob Frauen ihren Raum in der Politik erkämpfen oder selbstbewusst beanspruchen sollten und inwieweit die oft als weiblich wahrgenommene höhere Kompromissfähigkeit in männlich dominierten Strukturen ein Vor- oder Nachteil sein kann.
Die Teilnehmerinnen identifizierten mehrere Faktoren, die Frauen den Weg in die Politik erschweren: die nach wie vor ungleich verteilte Care-Arbeit, die häufige Doppelbelastung durch Beruf und Familie, fortbestehende patriarchalische Strukturen sowie eine oftmals zu beobachtende Scheu vor Konflikten, die im politischen Alltag jedoch unvermeidlich sind.
Michaela Schremmer, Mitglied der Grünen Fraktion, resümierte: „Diese Veranstaltung hat gezeigt, wie wichtig es ist, Räume zu schaffen, in denen Frauen sich über ihre politischen Erfahrungen austauschen können. Der Weg zur paritätischen Besetzung politischer Gremien ist noch weit, aber wir sind entschlossen, ihn weiterzugehen – mit Beharrlichkeit, gegenseitiger Unterstützung und klaren Forderungen.“
Die Veranstalterinnen zogen ein positives Fazit des Abends und kündigten an, das Thema weiterhin aktiv verfolgen zu wollen. Weitere Veranstaltungen zu Gleichstellungsthemen sind bereits in Planung.



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